Prof. Dr. Ernst Peter Fischer, Professor für Wissenschaftsgeschichte, Universität Konstanz
Wir wissen, wie das Erbmaterial aussieht: Es besteht aus vier Buchstaben. Doch was heißt das? Kann aus dem Genom ein Buch werden, das man lesen kann? Gibt es ihn wirklich, den genetischen Text, nach dem das Drama des Lebens abläuft? Und gibt es möglicherweise einen Autor? Vielleicht spricht eine Zelle gar keine Sprache wie "lateinisch" oder "französisch". Vielleicht ist "genetisch" eine Formsprache, deren Bedeutung nicht in Worten, sondern in Gestalten steckt. Vielleicht lernen wir am Ende des Genomprojektes, dass die Zelle sich nicht mit Buchstabenfolgen abgibt und die genetischen Sequenzen weniger als eine lineare Folge von Zeichen, sondern als räumliche Anordnung erkennt und nutzt. Vielleicht ist es gar nicht so wichtig, was in den Genen steckt, sondern was nach ihnen kommt.