Die Welt im Kopf: Gehirn - Wahrnehmung - Bewußtsein

Über den Zusammenhang von Körper und Geist wird schon seit Platons Zeiten nachgedacht. Aber seit in Amerika die neunziger Jahre zum "Jahrzehnt der Hirnforschung" erklärt worden sind, wird mit hohem finanziellem Aufwand fieberhaft darüber geforscht, wie das Gehirn mit dem Geist und unserer Wahrnehmung der Welt zusammenhängt. Dabei ist der Begriff des "Bewußtseins" höchst umstritten und die Theorien sind vielfältig: Die einen sehen Bewußtsein als ein ausschließlich geistiges Phänomen, das niemals durch naturwissenschaftliche Experimente zugänglich sein wird, die anderen betrachten es als gewöhnliche biologische Eigenschaft, die sich aus dem Zusammenwirken von Nervenzellen im Gehirn evolutionär ergibt. Optimistische Forscher glauben sogar, Bewußtsein lasse sich in schon bald als künstliche Intelligenz in einem Computern oder Robotern simulieren. Grund genug für das HNF, dem Thema in seinen vielen Facetten nachzugehen.

In neun Vorträgen 1999 werden Philosophen, Neurowissenschaftler, Psychologen und Technikwissenschaftler eine Exkursion in "Die Welt im Kopf" unternehmen und einen Einblick in die aktuellen Erkenntnisse der Forschung geben:

Nach einem Spaziergang über das weite Feld philosophischer Theorien zum "Leib-Seele-Problem" werden verschiedene aktuelle Erkenntnisse aus der Hirnforschung zum Thema gemacht und auf ihre Konsequenzen befragt: Lassen sich Sprache, Gefühle und Bewußtsein im Gehirn lokalisieren? Sind Phänomene wie ästhetische Wahrnehmung, Emotionen und Willensfreiheit erklärbar? Wird der Mensch gar durch gezielte Eingriffe steuerbar? Ist das ICH vielleicht nur eine Illusion des Menschen, die ebenso gut als künstliche Intelligenz in Robotern erzeugt werden kann? Eines ist sicher: Die Ergebnisse der Bewußtseinsforschung werden tief in das Selbstverständnis des Menschen eingreifen und eine neue Ethik - eine Neuroethik - erforderlich machen!

Denken mit Gefühl

Datum: Donnerstag 22.04.1999 Beginn: 19:00

Bausteine unseres Bewußtseins aus philosophischer und psychiatrischer Sicht
Dr. Dr. Henrik Walter, Universitätsklinikum Ulm http://www.uni-ulm.de/klinik/ Soll der Vernünftige seine Gefühle unterdrücken, und handelt der, der seinen Gefühlen folgt, irrational? Geist gleich Vernunft gleich Kognition: Diese Gleichsetzung ist ein Erbe des philosophischen Rationalismus und der "kognitiven" Wende in der Psychologie. Doch eine solche Anschauung war nicht immer selbstverständlich. So berücksichtigte die klassische Philosophie des Geistes neben dem Denken immer auch das Wollen und das Fühlen. Neuere Erkenntnisse über die Funktionsweise des Gehirns legen nahe, daß die vernachlässigten Funktionen des Fühlens und Wollens eine wichtige, wenn nicht unverzichtbare Rolle für das menschliche Denken spielen. Das hat unmittelbare Folgen für die Selbstkontrolle, Entscheidungsfindung und das soziale und ethische Verhalten. Nach einer kurzen Einführung in die Neurophilosophie werden neue empirische Resultate vorgestellt und in ihrer Bedeutung für die Philosophie des Geistes diskutiert.

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