Die Macht der Schönheit

Die Macht der Schönheit ist so unbestreitbar wie skandalös: Hübsche Kinder bekommen bessere Schulnoten, begünstigte Jugendliche haben ein reicheres Sexualleben, attraktive Menschen erhalten leichter Jobs, ja, schöne Menschen gelten nicht nur als zufriedener, sympathischer und erfolgreicher, sondern sogar als intelligenter, vertrauenswürdiger und kreativer. Diese empirisch vielfach belegten Befunde müssen einer christlich orientierten und demokratischen Gesellschaft missfallen, die auf innere Werte und auf Chancengleichheit setzt. Ihre Abneigung und ihr Misstrauen gegen deren »Oberflächlichkeit« wächst noch in dem Maße, in dem Schönheit kein Naturschicksal mehr, sondern - kosmetisch, chirurgisch, gentechnisch - zunehmend machbar ist.

Dennoch: Heute erfahren wir eine fulminante Wiederkehr des Schönen - buchstäblich auf allen Kanälen. Schönheit und das Schöne sind Insignien einer neuen, ästhetischen Lebenskultur. Deren Ikonen, die langbeinigen Supermodels und verträumten Rockstars, bringen diese Macht der Schönheit auf globales Niveau - keines ihrer weltweit zirkulierenden Bilder, das nicht digital noch schöner »gemorpht« wäre. Kosmetische Chirurgie ist längst fernsehtauglich geworden, und keiner schämt sich mehr der »Korrekturen«, denen er seinen Körper unterworfen hat.

Was die einen als »Schönheitswahn« mit verheerenden geistigen, sozialen und politischen Folgen diskriminieren, drückt für andere ein neues, jugendliches Lebensgefühl aus.

Die Vortragsreihe nähert sich der Frage nach der Schönheit, ihrer Macht und ihrem Glücksversprechen aus unterschiedlichen Perspektiven und Fragestellungen. Kultur- und sozialwissenschaftliche, psychologische, evolutionsbiologische, philosophische, politische, kunst- und mediengeschichtliche sind einige davon.

Darwinsche Ästhetik: Ist Schönheit mehr als nur Oberfläche?

Datum: Montag 12.06.2006 Beginn: 19:00

Prof. Dr. Karl Grammer, Ludwig-Boltzmann-Institut für Stadtethologie, Wien
ZiF Zentrum für interdisziplinäre Forschung, Bielefeld Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass Attraktivität ein Begriff ist, der kulturell und historisch hoch variant ist. Bei näherer Betrachtung ist diese Aussage aber nicht haltbar, denn wir wissen aus Forschungsarbeiten, dass die Attraktivität eines Gesichtes zumindest innerhalb einzelner Populationen sehr streng definiert und von allen Mitgliedern gleich beurteilt wird. Die heutige Forschung geht vor allem von der Annahme aus, dass aufgrund evolutiv entstandener Systembedingungen Attraktivität ein durch sexuelle Selektion entstandenes »ehrliches«, also unfälschbares Signal darstellt.

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