Die Macht der Schönheit

Die Macht der Schönheit ist so unbestreitbar wie skandalös: Hübsche Kinder bekommen bessere Schulnoten, begünstigte Jugendliche haben ein reicheres Sexualleben, attraktive Menschen erhalten leichter Jobs, ja, schöne Menschen gelten nicht nur als zufriedener, sympathischer und erfolgreicher, sondern sogar als intelligenter, vertrauenswürdiger und kreativer. Diese empirisch vielfach belegten Befunde müssen einer christlich orientierten und demokratischen Gesellschaft missfallen, die auf innere Werte und auf Chancengleichheit setzt. Ihre Abneigung und ihr Misstrauen gegen deren »Oberflächlichkeit« wächst noch in dem Maße, in dem Schönheit kein Naturschicksal mehr, sondern - kosmetisch, chirurgisch, gentechnisch - zunehmend machbar ist.

Dennoch: Heute erfahren wir eine fulminante Wiederkehr des Schönen - buchstäblich auf allen Kanälen. Schönheit und das Schöne sind Insignien einer neuen, ästhetischen Lebenskultur. Deren Ikonen, die langbeinigen Supermodels und verträumten Rockstars, bringen diese Macht der Schönheit auf globales Niveau - keines ihrer weltweit zirkulierenden Bilder, das nicht digital noch schöner »gemorpht« wäre. Kosmetische Chirurgie ist längst fernsehtauglich geworden, und keiner schämt sich mehr der »Korrekturen«, denen er seinen Körper unterworfen hat.

Was die einen als »Schönheitswahn« mit verheerenden geistigen, sozialen und politischen Folgen diskriminieren, drückt für andere ein neues, jugendliches Lebensgefühl aus.

Die Vortragsreihe nähert sich der Frage nach der Schönheit, ihrer Macht und ihrem Glücksversprechen aus unterschiedlichen Perspektiven und Fragestellungen. Kultur- und sozialwissenschaftliche, psychologische, evolutionsbiologische, philosophische, politische, kunst- und mediengeschichtliche sind einige davon.

Warum ich so hübsch und ästhetisch bin - Gedanken zu einer evolutionären Ästhetik

Datum: Mittwoch 16.11.2005 Beginn: 19:00

Prof. Dr. rer. nat. Dr. phil Olaf Breidbach, Friedrich-Schiller-Universität Jena Ist Schönheit eine evolutionsbiologisch zu fassende Größe, dann - so die evolutionäre Ästhetik - muss sie irgendwie fitter machen. Die Evolutionstheorie misst Fit-Sein schlicht an der Zahl der Nachkommen, die ein Individuum produziert. Entsprechend einfach wäre zu bestimmen, was schön ist. Kunstwerke, Kathedralen, Gedichte sind demnach nur ein besseres Bodybuilding, mit dem um einen Sexualpartner geworben wird.
Nun ist aber eine Ästhetik nicht schon deswegen besser, weil man in ihr nichts Erhabenes denken kann. Nur könnte ich vielleicht mit den Mitteln der Physiologen nachschauen, wie das Hirn das Schöne 'denkt'. Vielleicht aber denken wir uns auch nur schöne Hirne, um so dann unsere Vorurteile zu objektivieren.

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