ESER 1055 – Ein Rechenzentrum aus Dresden

Die Inszenierung eines fast vollständigen Rechenzentrums in der Art der 1970er-Jahre vereinigt verschiedene Aspekte. Einmal steht die ESER 1055 der Dresdner Robotronwerke für die Entwicklung der Computer in der DDR. Und sie zeigt die Verzahnung in Entwicklung und Fertigung informationstechnischer Anlagen in den RGW-Staaten Osteuropas. Darüber hinaus aber wird mit dieser Anlage ein Zeitraum von 30 Jahren Computergeschichte dokumentiert: von der Vorstellung des Systems/360 der IBM im Jahre 1964 bis zum Abschalten der hier gezeigten IBM-kompatiblen Anlage im Jahr 1994.

IBM-kompatibel

Die zentrale Datenverarbeitung auf der Basis von Lochkarten hatte in den 1970er-Jahren einen Namen: IBM-System/360 bzw. System/370. Vom Rechenzentrum für Kleinbetriebe bis zum Computer höchster Leistung waren Programmierung und Bedienung im Wesentlichen gleich. Diese übergreifende Systemarchitektur war ein Gedanke, der nicht aus technischen Überlegungen, sondern aus den Vorgaben eines vorausschauenden "Marketing" entstanden war.

Der Erfolg dieser Modelle war weitreichend. Die Konkurrenz sah sich schon früh gezwungen, IBM-kompatible Maschinen anzubieten, die die Funktionalität der IBM-Maschinen vermittels "Emulation" nachbildeten. Die /360-Architektur war innerhalb von zehn Jahren zum "Weltstandard" geworden.

Für die Staaten des Ostblocks war diese Situation zu Beginn der 1980er-Jahre der Grund gewesen, die neue Entwicklungslinie des "Einheitlichen Systems Elektronischer Rechenanlagen" - ESER - an dem IBM-System 370/155 auszurichten. Dabei kam es zu einer länderübergreifenden Kooperation. Der Prozessor der Rechenanlage wurde in der Sowjetunion und bei Robotron in Dresden parallel entwickelt. Bandgeräte kamen u.a. von Zeiss in Jena, Drucker, Lochkarten- und Lochstreifenlesegeräte aus der CSSR und aus Polen und die Magnetplattenspeicher aus Bulgarien.

Bis 1995 waren in den neuen Bundesländern noch ESER-Anlagen in Betrieb. Das Abschalten der Anlage ESER 1056 in Mukran auf Rügen im Jahre 1995 wurde vom HNF dokumentiert und wird im Rahmen der Inszenierung gezeigt.