23.08.2017

Ganz schön zerlegt

Sonderausstellung im Heinz Nixdorf MuseumsForum Technische Alltagsgegenstände auseinanderzunehmen, zu ordnen und zu fotografieren ist die Passion von Todd McLellan. Die Fotografien, die dabei entstehen, sind Kunstobjekte, die durch ihre Nüchternheit und karge Schlichtheit beeindrucken. Die technischen Geräte werden in ihre Einzelteile zerlegt und jeweils zweimal abgelichtet: einmal präzise geordnet, einmal scheinbar chaotisch im freien Fall. Ein Smartphone wird so zu einem ebenso ästhetischen Zeugnis unserer technisch hochgerüsteten Zeit wie zu einem Symbol für die Vergänglichkeit des Materiellen. Eine Auswahl der Werke McLellans ist vom 25. August bis zum 26. November im Paderborner Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) zu sehen. „Ganz schön zerlegt: Die Kunst, Dinge neu zu ordnen“ heißt die Ausstellung des kanadischen Künstlers. Er hat bereits in seiner Heimat, den USA und Japan ausgestellt. „Die Ausstellung verknüpft ein beeindruckendes ästhetisches Seherlebnis mit einem spannenden technischen Thema. Wir sind stolz, dass wir die Werke Todd McLellans erstmals in Europa zeigen können, die wunderbar in das Ambiente unseres Computermuseums passen“, stellte HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff die Ausstellung vor. McLellan widmet sich bei seiner Arbeit alten und neuen Designklassikern – vom Plattenspieler, über eine Schreibmaschine bis zur Virtual Reality-Brille. „Ich wollte in das Innenleben dieser Objekte einsteigen und dem Betrachter deren Qualität und auch deren Schönheit zeigen“, beschreibt der Künstler seine Herangehensweise. In der heutigen Wegwerfgesellschaft seien viele technische Geräte nicht mehr dafür konzipiert, im Falle eines Defekts auseinandergenommen und repariert zu werden. Er selbst versuche während der Dekonstruktion zu verstehen, wie die Einzelteile ineinandergreifen, und bekomme auf diese Weise Respekt vor dem großen Ganzen. Nach dem Zerlegen arrangiert McLellan die Einzelteile in der Reihenfolge ihrer Dekonstruktion auf einer neutralen Unterlage und schafft so eine ungewohnte Perspektive. Die richtige Komposition zu finden, dauert dabei mindestens genauso lange wie das Zerlegen. „Das Ergebnis ist sehr präzise und formal, ähnlich wie bei einem Familienporträt“, erläutert der Fotograf. Diese Szenerie bildet McLellan von oben mit Blitzlicht und einem Schirmreflektor ab, um das Licht gleichmäßig zu streuen und dem Motiv Tiefe zu verleihen. Die zweite Methode des Künstlers, die zerlegten Objekte abzulichten, ist es, die Einzelteile im Fallen zu fotografieren. Die so entstehenden Fotos mögen auf den ersten Blick chaotisch wirken, doch auch hier geht der Künstler planvoll vor. Die Einzelteile werden auf einer Plattform so arrangiert, dass sie an der Kamera in einer bestimmten Reihenfolge vorbeifliegen. Er selbst entscheidet über den richtigen Zeitpunkt des Auslösens. Um ein möglichst rauschfreies Endresultat zu erhalten, arbeitet McLellan mit modernster Stroboskop-Technologie mit sehr hoher Bildwiederholrate. Zumeist schafft er es auf diese Weise, alle Einzelteile auf einer Aufnahme festzuhalten. Zum Teil werden die Komponenten auch in Gruppen fallen gelassen und die Fotografien später übereinandergelegt. Todd McLellan wird bis zum 29. August, außer am Montag, im Museum live zwei Objekte aus dem Bestand des HNF vor den Augen der Besucher zerlegen. Er wird einen Roboterhund Aibo und eine Rechenmaschine Brunsviga aus den 1950er Jahren auseinandernehmen. Eine einmalig erworbene Eintrittskarte ist für die gesamten Aktionstage gültig. Auch während der Paderborner Museumsnacht am Samstag, 26. August, wird er von 18 Uhr bis Mitternacht die Zerlegung fortführen. Mehr Informationen zur Ausstellung gibt es auf www.hnf.de/zerlegt. Hier wird auch die Zerlegung der beiden Geräte durch Todd McLellan während der Aktionstage live zu verfolgen sein.

« Zurück