21.08.2018

Ein trampender Roboter und die Medien

Neue Attraktionen im Heinz Nixdorf MuseumsForum


hitchBOT wirkt auf den ersten Blick sympathisch: freundlich lächelnd, knuffig und mit Gummistiefeln an den Füßen. Kein Wunder, dass dutzende Menschen keine Bedenken hatten, den kleinen Kerl ins eigene Auto zu packen, denn hitchBOT ist der erste und einzige trampende Roboter der Welt. 2014/15 erkundete er Kanada, die USA, Deutschland und die Niederlande. Sein neues Zuhause ist das Paderborner Heinz Nixdorf MuseumsForum, wo er ab sofort zu sehen ist.

Während seiner Reise informierte hitchBOT die Welt über die sozialen Medien. So ist er ein herausragendes Beispiel für die Relevanz der digitalen Kanäle geworden. Daher passt es, dass er seinen neuen Platz direkt neben der Darstellung der Mediengeschichte im weltgrößten Computermuseum gefunden hat, denn auch dieser Bereich ist komplett erneuert worden.

„Wir sind sehr stolz, dass wir mit hitchBOT ein herausragendes Objekt der Robotergeschichte in Paderborn zeigen können,“ freute sich HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff bei der Präsentation der neuen Attraktion. „hitchBOT ist ein sehr guter Botschafter für unseren neu gestalteten Bereich zur Künstlichen Intelligenz und Robotik, den wir am 26. Oktober eröffnen werden.“

Die Geschichte von hitchBOT begann am 27. Juli 2014. Nur eine Minute stand er am Highway nahe Halifax/Kanada, bis er erstmals mitgenommen wurde. Seine Tour führte ihn in drei Wochen mit 18 Autostopps über 6.000 Kilometer an die kanadische Pazifikküste mit einem kleinen Abstecher nach Seattle in den USA. Anschließend fand er seine neue Heimat im Technikmuseum von Ottawa.

Ein Zwilling, ebenfalls hitchBOT genannt, zog am 13. Februar 2015 in die Welt hinaus. Sein Startpunkt war München. Nach einem Besuch im Hofbräuhaus ging es über Neuschwanstein, Frankfurt und Bottrop nach Köln. Hier besuchte hitchBOT den Rosenmontagszug und war bei Stefan Raab zu Gast. Weiter ging es begleitet von großem Medienrummel durch die Republik, bis er am 22. Februar wieder in München eintraf.

Das nächste Vorhaben war im Juni 2015 eine dreiwöchige Trampertour durch die Niederlande, bevor er am 17. Juli die letzte und schicksalsträchtige Reise durch die USA begann. Denn zwei Wochen später wurde er in Philadelphia ein Opfer menschlicher Brutalität. Ein Unbekannter überfiel den elektronischen Tramper, beraubte ihn seiner technischen Ausrüstung und zerstörte ihn. „Manchmal passieren dem besten Roboter die schlimmsten Dinge,“ kommentierten seine Konstrukteure Frauke Zeller und David Harris Smith das Ende des Roboters der Herzen. Sie bauten hitchBOT in Kanada wieder auf und übergaben den instandgesetzten Roboter dem HNF.

Zeller, die in Kassel promovierte, und Smith hatten bereits 2013 ihren ersten gemeinsamen Roboter gefertigt. Bei hitchBOT ging es den beiden Kommunikationswissenschaftlern darum, einen sozialen, interaktiven Roboter zu erschaffen, der als soziales Experiment angelegt war. Die Frage lautete: „Können Roboter dem Menschen vertrauen?“ Bereits vor dem Aufbruch zu seiner ersten Reise war der Medienrummel groß. hitchBOT selbst berichtete über seine Stationen auf einer Homepage, bei Twitter, Facebook und Instagram.

Sein Äußeres war bewusst einfach und dennoch ansprechend gestaltet. Ein Eimer als Körper, Schwimmnudeln als Extremitäten, bunte Gummistiefel und gelbe Handschuhe, von denen einer den Tramperdaumen zeigte, machten ihn auf den ersten Blick sympathisch.

Ausgestattet mit einer künstlichen Stimme und einer Chatbot-Software konnte er sich mit seinen Begleitern unterhalten. Alle 20 Minuten schoss er Fotos, die meist online gingen.

Ein Tablet-Computer und ein Arduino waren die einfache technische Ausstattung. Strom kam über Solarzellen, Akkus und einen Anschluss für den Zigarettenanzünder.

Im HNF fehlt ihm die „Intelligenz“ in Form eines Computers, sodass er nicht mehr sprechen kann, aber auf dem Heck eines Oldtimers sitzend zu Selfies einlädt und damit wieder seiner Rolle als soziales und mediales Experiment nachkommt.

Geschichte der Medien


hitchBOTs neue Heimat im HNF ist der Ausstellungsbereich zur Informations- und Mediengesellschaft. Die Präsentation wurde komplett neu gestaltet und modernisiert. Im Mittelpunkt steht ein Kiosk, ausgestattet mit Original-Zeitungen und Zeitschriften der vergangenen 70 Jahre, darunter heute fast vergessene Illustrierte wie Constanze, Twen und Tempo.

Eine interaktive Installation bietet den Besuchern einen Blick in die Geschichte des Fernsehens. Hier laufen Szenen aus alten Krimis wie „Derrick“ oder „Polizeiruf 110“. „Am laufenden Band“ und „Disco“ sind genauso zu sehen wie „Ein Kessel Buntes“ und der „Beat-Club“.

Weiterhin vorhanden ist die seit der Eröffnung des HNF beliebte Installation eines übergroßen Radios, das Hits seit 1925 abspielt, von „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“ über „Lilli Marleen“ bis zu „Yesterday“ und „Dancing in the dark“. Zudem zeigt eine Sammlung historischer Radios die dazu passende Hardware.

Die neuen Ausstellungsbereiche sind zu den üblichen Öffnungszeiten des HNF zu sehen: dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, am Wochenende und an den Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.

Mehr auf www.hnf.de

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