06.11.2009

Codes und Clowns

05.11.2009

Claude Shannon – Jongleur der Wissenschaft

 

 

Nur wenige Wissenschaftler haben für unseren Alltag eine solche Bedeutung wie Claude Shannon (1916 - 2001). Er ist der Begründer des Informationszeitalters, der die Fundamente für die gesamte digitale Technologie legte, vom Internet über die DVD bis zum MP3-Player. Shannon ist der „Vater des Bits“ und „Einstein der Informationstheorie“. Diesem Genie des 20. Jahrhunderts widmet das Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn (HNF) vom 6. November bis zum 28. Februar die Ausstellung „Codes und Clowns. Claude Shannon – Jongleur der Wissenschaft“.

 

Shannon zeichnete sich nicht nur durch Gedankenschärfe und Einfallsreichtum, sondern auch durch Humor und Originalität aus. Der hoch geehrte Wissenschaftler bastelte in seiner Freizeit an Jonglierrobotern, Schachcomputern und programmierbaren Blechmäusen. Im Büro fuhr er Einrad oder jonglierte mit Keulen.

 

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine Auswahl seiner wichtigsten Erfindungen, deren Funktion von höchst brauchbar bis nutzlos reichte. Die Präsentation ordnet die Erfindungen in die Biografie Shannons und die Geschichte der Informationstechnik ein und beleuchtet ihre wissenschaftlichen Zusammenhänge und Wirkungen. Die Leihgaben stammen aus dem MIT Museum in Boston und von der Familie Shannon. Sie sind erstmals in Europa zu sehen.

 

„Wir haben die Ausstellung auch konzipiert, um den Typus Wissenschaftler-Erfinder, wie ihn Shannon beeindruckend verkörpert, unseren jungen Besuchern zur Nachahmung zu empfehlen. Wir brauchen tausend Shannons in der deutschen Wissenschaft und Industrie“, betonte der HNF-Geschäftsführer Norbert Ryska bei der Ausstellungseröffnung.

 

In Shannons Objekten verbanden sich scharfer Verstand und spielerische Fantasie mit handwerklichen Fähigkeiten. Es entstanden pfiffige Dinge, von denen einige technisch revolutionär waren, andere nur seinem eigenen Vergnügen dienten.

 

„Es ist erstaunlich, wie viel diese Erfindungen über Claude Shannon als Gelehrten und Menschen aussagen“, erklärte Deborah Douglas, Kuratorin für Wissenschaft und Technologie am MIT Museum. „Geistige Wendigkeit, intellektuelle Brillanz und eine gewisse Schrulligkeit sind Qualitäten, die auch das MIT als Institution ausgesprochen schätzt.“

 

Zur Ausstellung

 

Zu den gezeigten Objekten gehört ein Jonglierroboter in der Figur des Komikers W. C. Fields, eine Blechmaus, die mithilfe von Telefonrelais selbstständig aus einem beliebigen Labyrinth findet, sowie einer der ersten fernsteuerbaren Spielzeug-LKW. Skurril ist der Tischrechner THROBAC, der mit römischen Ziffern rechnet. Eine „Mind Reading Machine“ kann scheinbar Gedanken lesen und gewinnt meistens beim Spiel „Kopf oder Zahl“. Zu sehen ist der erste „Wearable Computer“, den Shannon gemeinsam mit Ed Thorp 1961 in Las Vegas beim Roulettespiel einsetzte. 1981 baute Shannon einen mechanischen Roboter, um den legendären Zauberwürfel zu lösen. Auch für die Strategiespiele Hex und Nim konstruierte Shannon Spezialrechner, die gegen ihre menschlichen Herausforderer bestehen.

 

Im Heinz Nixdorf MuseumsForum sind die Shannon-Objekte kreisförmig in Vitrinen platziert. Um die ausgestellten Spielzeuge des Erfindergenies in einen wissenschaftlichen Zusammenhang zu stellen, haben die Ausstellungsmacher zu jedem Objekt ein spezielles Szenario, ein Gegenüber, geschaffen. Das reicht von ferngesteuerten Hubschraubern über Krypto-Handys bis zu einem modernen Jonglierroboter der ETH Zürich. Den Abschluss der Ausstellung bildet die legendäre „Ultimate Machine“ Shannons, deren Original zwar verloren ging, die aber in einem Nachbau des HNF in Funktion gezeigt wird.

 

Die mediale Inszenierung „Signal und Rauschen“ vermittelt hautnah Shannons grundlegende Ideen der Nachrichtenübertragung. Die Besucher können Signalstörungen erzeugen, Rauschen erfahren und sehen den Unterschied zwischen analog und digital. An einer weiteren Station kann jeder durch das Drücken eines Schlauches das Komprimieren eines Nachrichtenkanals ausprobieren und die Folgen für die Übertragungsqualität erleben. Hobbypiloten können einen aktuellen Simulator für Modellflugzeuge testen, ohne eine Bruchlandung befürchten zu müssen.

 

Einen künstlerischen Aspekt bringen die drei „Wartenden Maschinen“ von Hannes Waldschütz in die Ausstellung. Eine Maschine wartet auf einen bestimmten Zeitpunkt, die zweite darauf, dass sie nicht mehr warten muss und die dritte wartet auf Gott.

 

Die Funktion der Shannon-Objekte ist aus konservatorischen Gründen nur in Videos zu sehen. In einem kleinen Kino werden seltene Filmstreifen vorgeführt, in denen Claude Shannon einige seiner Spiel- und Denkzeuge originell erklärt. Zudem wird ein Film der Universität von Kalifornien in Berkely gezeigt, in dem Shannon als „Vater des Informationszeitalters“ vorgestellt wird.

 

Im Foyer des HNF machen zwei Exponate Appetit auf die Ausstellung im 3. Obergeschoss: Eine Jongliermaschine der Firma Lenze aus Hameln und der Microrover „Nanokhod“, den die vH&S GmbH, Schwetzingen, zur Erkundung der Oberfläche des Merkur entwickelt hat.

 

Claude Shannon (1916 - 2001)

 

Claude Shannon wurde am 30. April 1916 in Michigan geboren. Er studierte Elektrotechnik und Mathematik. Nach Tätigkeiten am MIT und am Institute for Advanced Studies in Princeton wechselte er 1941 zu den Bell Telephone Laboratories. Hier schrieb er grundlegende Beiträge zur Kryptologie und Schaltungstheorie. So war er auch an der Entwicklung von Verschlüsselungsgeräten bei Telefonaten zwischen Roosevelt und Churchill beteiligt. 1948 begründete er mit seinem epochalen Aufsatz „A Mathematical Theory of Communication“ die Informationstheorie und legte die Grundlagen für unsere heutige Informations- und Kommunikationstechnik. In diesem Aufsatz führte er erstmals auch den Begriff des Bit (Binary Digit) ein. 1949 veröffentlichte er den Artikel „Communication Theory of Secrecy Systems“, die wissenschaftliche Basis für die Kryptologie im digitalen Zeitlalter.

 

Von 1956 bis 1978 war er Professor am legendären Massachusetts Institute of Technology (MIT). Vor allem in dieser Zeit baute er in seiner privaten Werkstatt technologische Besonderheiten, aber auch innovative und wegbereitende Entwicklungen.

 

Zahlreiche Preise und Auszeichnungen würdigten seine wissenschaftliche Leistung. So erhielt er 1966 die National Medail of Science, 1985 den Kyoto-Preis und 1991 den deutschen Eduard-Rhein-Preis.

 

Claude Shannon starb am 24. Februar 2001 nach einer längeren Alzheimer-Erkrankung.

 

In der Öffentlichkeit ist Shannon bei weitem nicht so bekannt, wie es seiner Bedeutung angemessen wäre, eine beinahe absurde Tatsache beim Ahnherrn des Informationszeitalters. Die Ausstellung im HNF will diesen großen Pionier einer breiten Öffentlichkeit präsentieren und neben seinen fachlichen Leistungen auch die Persönlichkeit Claude Shannon würdigen.

 

Allgemeines

 

Die Ausstellung wird von einem Rahmenprogramm begleitet. Dazu gehören fünf Vorträge und ein Familientag am 29. November mit einem umfangreichen Programm für Jung und Alt rund um die Themen Spielzeug, Jonglieren und Modellbau. Die museumspädagogischen Veranstaltungen „Abenteuer Roboter“, „Lötwerkstatt spezial“ und „Shannon-Spielothek“ bringen die Themen der Ausstellung Kindern und Jugendlichen nahe.

 

„Codes und Clowns“ wird vom 6. November 2009 bis 28. Februar 2010 auf 500 Quadratmetern im 3. Obergeschoss des Heinz Nixdorf MuseumsForums gezeigt.

 

Der Eintritt zur Ausstellung kostet drei Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Schulklassen haben nach vorheriger Anmeldung kostenlosen Eintritt.

 

Zeitgleich zur Ausstellungseröffnung erscheint im Verlag gegenstalt.com das Buch von Axel Roch „Claude E. Shannon: Spielzeug, Leben und die geheime Geschichte seiner Theorie der Information“. Es kostet im HNF-Museumsshop 24 Euro, im Buchhandel 34 Euro.

 

Weitere Informationen auf www.hnf.de/shannon.

 

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