Die Welt im Kopf: Gehirn - Wahrnehmung - Bewußtsein

Über den Zusammenhang von Körper und Geist wird schon seit Platons Zeiten nachgedacht. Aber seit in Amerika die neunziger Jahre zum "Jahrzehnt der Hirnforschung" erklärt worden sind, wird mit hohem finanziellem Aufwand fieberhaft darüber geforscht, wie das Gehirn mit dem Geist und unserer Wahrnehmung der Welt zusammenhängt. Dabei ist der Begriff des "Bewußtseins" höchst umstritten und die Theorien sind vielfältig: Die einen sehen Bewußtsein als ein ausschließlich geistiges Phänomen, das niemals durch naturwissenschaftliche Experimente zugänglich sein wird, die anderen betrachten es als gewöhnliche biologische Eigenschaft, die sich aus dem Zusammenwirken von Nervenzellen im Gehirn evolutionär ergibt. Optimistische Forscher glauben sogar, Bewußtsein lasse sich in schon bald als künstliche Intelligenz in einem Computern oder Robotern simulieren. Grund genug für das HNF, dem Thema in seinen vielen Facetten nachzugehen.

In neun Vorträgen 1999 werden Philosophen, Neurowissenschaftler, Psychologen und Technikwissenschaftler eine Exkursion in "Die Welt im Kopf" unternehmen und einen Einblick in die aktuellen Erkenntnisse der Forschung geben:

Nach einem Spaziergang über das weite Feld philosophischer Theorien zum "Leib-Seele-Problem" werden verschiedene aktuelle Erkenntnisse aus der Hirnforschung zum Thema gemacht und auf ihre Konsequenzen befragt: Lassen sich Sprache, Gefühle und Bewußtsein im Gehirn lokalisieren? Sind Phänomene wie ästhetische Wahrnehmung, Emotionen und Willensfreiheit erklärbar? Wird der Mensch gar durch gezielte Eingriffe steuerbar? Ist das ICH vielleicht nur eine Illusion des Menschen, die ebenso gut als künstliche Intelligenz in Robotern erzeugt werden kann? Eines ist sicher: Die Ergebnisse der Bewußtseinsforschung werden tief in das Selbstverständnis des Menschen eingreifen und eine neue Ethik - eine Neuroethik - erforderlich machen!

Ist das "Ich" eine Illusion?

Datum: Donnerstag 10.06.1999 Beginn: 19:00

Wie "Selbstbewußtsein" entsteht
Prof. Dr. Thomas Metzinger, Philosophisches Institut der University of California, San Diego Unser eigenes, unverwechselbares "Ich" - wie sollen wir das verstehen? Dieses "Ich", das Zentrum meines Bewußtseins, dieses Bild der Welt und von mir selbst scheint ein letztes großes Rätsel der Philosophie zu sein. Viele glauben, daß das "Ich" ein innerer, nicht weiter erklärbarer Kern, eine unsterbliche Substanz sei, die all unseren Wahrnehmungen zugrunde liegt. Im Licht der neurowissenschaftlichen Forschungen bezweifelt Metzinger diese Ansicht. Er sagt: "Das Ich ist eine Illusion - und zwar die beste, die Mutter Natur je erfunden hat. Das Gehirn erzeugt sie, um sich besser in der Welt orientieren zu können. In unsere Weltwahrnehmung bettet das Gehirn ein Modell von sich selbst ein, um effektiver handeln zu können." Metzingers wichtige Theorie wird heute international diskutiert; neben der Darstellung seiner Theorie wird sein Vortrag auch die ethischen Konsequenzen seines Ansatzes bedenken.

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